20. Geburtstag: Facebook kommt seiner Verantwortung nicht nach.
Facebook feiert heute 20. Geburtstag und ist zu einem der mächtigsten Konzerne geworden, der seiner massiven Verantwortung leider nicht gerecht wird. Mit massiven Kollateralschaden für unsere Gesellschaften. Die Börse liebt das.
Facebook ist die Plattform, die alle schon abschreiben und die meisten von uns wahrscheinlich vor allem noch hingehen, um zu schauen, wer aus dem Freundes- und Bekanntenkreis heute Geburtstag hat. Zumindest wenn man etwas älter ist, viele junge Menschen verbringen ihre Zeit gleich bei TikTok, Snapchat und/oder Instagram. Letzteres gehört auch zu Meta, fühlt sich aber nicht so an. Trotzdem nutzen immer noch drei Milliarden Menschen, laut Unternehmensangaben, irgendwie die Plattform und damit ist das die mächtigste Infrastruktur im Netz.
Mark Zuckerberg hat das Unternehmen in den 20 Jahren zu einem der mächtigsten Playern der digitalen Welt aufgebaut. „Move fast and break things“ war die Devise und das hatte Erfolg. Aber vor allem hat das Unternehmen im richtigen Zeitpunkt die beiden gefährlichsten Rivalen WhatsApp und Instagram aufgekauft, bevor diese Facebook überholen konnten. Eine der drei Apps befindet sich mindestens auf fast jedem Smartphone. Wenige Ausnahmen bestätigen die Regel.
Aufkaufen oder Kopieren
Wenn ein Unternehmen wie Snapchat nicht aufgekauft werden wollte, hat man seine Kern-Features einfach kopiert und damit auf Abstand gehalten. Das funktioniert bei TikTok nur so semi, aber das ist eine andere Geschichte. Möglich machten das auch fehlende Regeln zur Plattformregulierung. Ob der Digital Markets Act der EU ausreicht, um zukünftig sowas zu verhindern und die jetzige und zukünftige Marktmacht zu kontrollieren, steht noch in den Sternen.
Das Geschäftsmodell von Meta besteht vor allem daraus, Werbeplätze zu verkaufen. Damit ist man neben Google das mächtigste Unternehmen geworden, die Quartalsgewinne explodieren und ebenso der Börsenkurs. Kern des Geschäftsmodell ist es, die Nutzer:innen zu möglichst viel Interaktion zu bewegen, damit wir möglichst viele Datenpunkte hinterlassen, die unserem Profil zugeordnet werden. Daraus können Profile gebildet werden, die Werbekunden ansprechen wollen. Immer wieder zeigen Forschungsergebnisse: Das führt dazu, dass emotionale Inhalte mehr Interaktion triggern, die dann auf die Überholspur der algorithmischen Entscheidungssysteme in unsere Timeline gespült werden.
Massive Nebenwirkungen auf Gesellschaften
Diese Mechanismen haben leider für alle Nicht-Aktionäre massive Nebenwirkungen. Sie sind ein ideales Spielfeld für Populisten ohne Skrupel, die das gnadenlos ausnutzen. Zu 20 Jahren Facebook gehören auch der Brexit, die Wahl von Trump, Bolsonaro und auch das Erstarken der AfD. Natürlich war Facebook nicht alleine Schuld daran und die digitalen vernetzen Öffentlichkeiten sind komplexer. Aber wenn Mark Zuckerberg mehr Geld in Sicherheit und Content-Moderation gesteckt hätte, wäre die digitale Welt sicherlich eine bessere. Aber das Unternehmen weniger wert.
Das Unternehmen investiert aber immer nur soviel, wie man gerade aus rechtlichen Gründen oder ein halbwegs positives Image muss.
Dominante Infrastruktur in zahlreichen Staaten
In vielen Staaten des globalen Südens sind die Meta-Dienste fast schon „das Internet“. Möglich machen das oft Deals mit Telekommunikationsunternehmen, die dann Facebook und WhatsApp aus den Datenvolumina rausnehmen und im Gesamtpaket mit verkaufen. In der EU und bei uns wurden solchen Zero-Rating-Angebote im Rahmen der Netzneutralitätsdebatte nach langen Kämpfen zum Glück der Riegel vorgeschoben. Denn diese Marktmacht behindert Wettbewerb und Innovation, andere Dienste haben solche Möglichkeiten nicht. Aber dieser Verantwortung kommt man dort kaum nach.
Ausreichend Content-Moderator:innen findet man in vielen Staaten nicht. Die Liste der Skandale ist groß, die davon betroffen waren: Vom Völkermord an den Rohjinga über zahlreiche Progrome in Indien oder Nigeria, um nur wenige Beispiele zu bringen.
Dominant auf vielen Märkten
Nach 20 Jahren ist Meta gut für die Zukunft aufgestellt. WhatsApp ist immer noch dominierend, obwohl mit dem datenschutzfreundlichem Open-Source-Messenger Signal eine gute Alternative vorhanden ist. Für das beginnende KI-Zeitalter besitzt das Unternehmen eine unglaubliche Datenressource, die von uns ständig gefüttert und damit besser wird. Für personalisierte Werbung hat man beste Voraussetzungen. Und die Wette auf eine gute Marktposition im Metaversum, den zukünftigen Virtuellen Realitäten, könnte ebenso funktionieren. Neben Elon Musk sieht Mark Zuckerberg auf einmal sogar wie der freundliche nette Nerd aus.
Was sollte passieren?
Sind wir als Gesellschaft gut aufgestellt, wo wir uns in großen Teilen abhängig von den Diensten des Konzerns gemacht haben? Das weiß ich nicht und die Zukunft bleibt spannend. Mit dem Digital Markets Act und dem Digital Services Act hat die EU Regeln zur Plattformregulierung geschaffen, die jetzt eingesetzt werden können. Ob die Regeln das halten, was sich Politiker:innen davon erhoffen und die Durchsetzung funktioniert, steht allerdings noch in den Sternen. Relevant dafür werden eine ausreichende Ausstattung unserer Behörden sein und ob Werkzeuge wie das Recht auf Datenzugang gut ausgestaltet sind, damit die Blackbox der Mechanismen transparenter und besser verstanden werden,
Die schärfste Waffe wurde leider nicht gewählt, das Geschäftsmodell der personalisierten Werbung mit den dazugehörigen Mechanismen gehört verboten. Das wäre möglich, die Welt würde nicht untergehen, sie würde wahrscheinlich besser. Aber Unternehmen wie Meta wären dann weniger wert.
Trotzdem sollten wir dafür kämpfen, denn eine bessere digitale Welt ist möglich.
Wie seht Ihr das? Ist unsere Welt besser geworden durch Facebook und Meta? Kommt das Unternehmen seiner massiven Verantwortung nach?